Geschichte der Zälg

Entstehung der Zälg

Das Gelände der Zälg von Erschmatt wies ursprünglich ein ausgeglichenes Gefälle ohne Terrassierung aus. Die treppenartig aufsteigenden Ackerterrassen entstanden durch das Zusammenspiel von natürlichen Kräften und menschlichem Einwirken über mehrere Generationen, wobei der Mensch der Auslöser dieses Erosionsprozesses war. Um Ackerfläche zu gewinnen, entfernten die Menschen die natürliche Vegetationsdecke, liessen aber parallel zum Hang absichtlich Graslandstreifen stehen. Durch das Hacken und Pflügen verschob sich die Erde talwärts. So entstanden nach und nach Terrassen aus bewachsenen Böschungen und Trockensteinmauern, die die Landschaft prägen. Die Steine, die beim Hacken und Pflügen zum Vorschein kamen, schichtete man platzsparend zu Lesesteinhaufen oder -mauern.

Wann begann man mit dem Beackern dieser Gegend? Der Geograph Georg Budmiger geht in seiner Studie über Erschmatt davon aus, dass man im 16. Jh. zum Zweizelgensystem wechselte. Das bedeutet, dass man vor mehr als 500 Jahren in der Zälg Roggen anpflanzte.

Korn für das tägliche Brot

"Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen"

Obwohl die Äcker nicht bewässert und nur selten gedüngt wurden, bedeutete die Produktion des eigenen täglichen Brotes für ein ganzes Jahr viel Schweiss und Arbeit. Vor der Aussaat des Winterroggens gegen Ende August bearbeitete man die brachen Äcker mehrmals mit Pflug und Egge. Ende Juli war das Korn reif. Nach dem Schneiden mit der Sichel wurden die «Goofe» (so werden die Roggengarben im lokalen Dialekt genannt) gebunden und zu einem Kornhaufen geschichtet. 14 Tage später wurde der Roggen in ein Tuch eingebunden und in die Stadel transportiert, die Körner wurden bereits ein erstes Mal ausgeschlagen und dann im Winter fertig gedroschen. Ein Teil der Ernte wurde für die Neu-Aussaat beiseite gestellt, aus dem Rest buken die Leute Roggenbrot.

Goldene Terrassen - Maurice Chappaz erinnert sich

Maurice Chappaz (1916-2009) in seiner Schreibstube - Foto R. Köcher

"Ein Wunder in goldigem Gelb"

Der Schriftsteller Maurice Chappaz (1916-2009) erinnert sich 2003 in einem Gespräch mit Wilfried Meichtry an die 1950er Jahre, als er bei seinen Wanderungen in den Leuker Sonnenberge die reifen Roggenfelder von Erschmatt bewunderte: "Erschmatt war gut angelegt dort auf dem Plateau, es ist für mich eines der schönsten Dörfer im Oberwallis. Ich habe es gesehen, als es noch die ganzen Kornfelder gab. Es war ein Wunder, all die Ackerterrassen in goldigem Gelb, als das Korn reif war."

Videoausschnitt aus einem Gespräch von Wilfried Meichtry am 13. März 2003 mit Maurice Chappaz und dessen Frau

Transkription des Gesprächs (französisch & deutsche Übersetzung)

 


Quellen

Budmiger Georg (1970). Erschmatt (Wallis). Beitrag zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeographie der inneralpinen Zone. Dissertation Universität Bern. Liebefeld/Bern: Lang Druck.
Rodewald Raimund (2011). Ihr schwebt über dem Abgrund – die Walliser Terrassenlandschaften: Entstehung – Entwicklung – Wahrnehmung. Visp: Rotten-Verlag.